In Beziehung sein“ …

… als das Vorbereitungsteam vor gut zwei Jahren die Bundeselternratstagung (BERT) in Heidenheim unter dieses Motto stellte, ahnte noch niemand, welche Bedeutung es noch bekommen sollte. Zum 75. Jubiläum unserer Schule sollten die Feierlichkeiten mit Elternvertretern aus dem gesamten Bundesgebiet einen Höhepunkt darstellen, doch der Weg dahin war steinig.

Freie Waldorfschule Heidenheim

Aufgrund der aktuellen Situation musste die Tagung zwei Mal verschoben werden und konnte jetzt im dritten Anlauf stattfinden. So stand das Tagungsmotto zu Beginn des letzten Oktober-Wochenendes wie eine große, unerfüllte Sehnsucht im Raum. Das sollte sich schnell ändern.

Zu Beginn der Tagung konnten die Teilnehmer sich über das anthroposophisch geprägte Umfeld in Heidenheim informieren: Beim Besuch der Heilpflanzengärten der Firma Weleda in Schwäbisch Gmünd, auf dem drittältesten Demeterhof der Welt – dem Talhof in Heidenheim oder bei einer Führung durch das Integrative Haus der Gesundheit, in dem auch anthroposophische Schulärzte der Schule tätig sind.

Der inspirierende Impulsvortrag von Christof Wiechert im Juwel unserer Schule, dem großen Festsaal, stimmte die Teilnehmer auf ein thematisch vielseitiges und lehrreiches Wochenende ein.

Freie Waldorfschule Heidenheim

Der erfahrene Waldorfpädagoge und Lehrerseminargründer Christof Wiechert sprach der „Beziehungskompetenz“ eine Schlüsselrolle in den nächsten Jahren zu und verdeutlichte dies am „goldenen Beziehungsdreieck“ zwischen Schülern, Eltern und Lehrern. Er ermutigte die Teilnehmer, den Elternabend als kraftspendendes Fest zu gestalten, bei dem die Kinder und die Pädagogik im Mittelpunkt stehen. Er warb zudem für eine Öffnung der Waldorfschulen nach außen und gab Denkanstöße zur Gestaltung der Waldorfschulen in ihrem 2. Jahrhundert.

Am folgenden Tag konnten die Teilnehmer in ganz unterschiedlichen Arbeitsgruppen in Beziehung treten und an einer Vielzahl von Themen arbeiten: „Zusammen-Wachsen: Bindung im Kindes- und Jugendalter“, „Eltern-Lehrer-Zusammenarbeit in schwierigen Situationen“, „Verbindung schaffende Entscheidungen“ oder „Monotypie – Einführung in die Welt der Druckgrafik“, um nur einige der AG-Titel zu nennen.

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Die Mittagspause ermöglichte den Teilnehmern einen Spaziergang über das weitläufige Gelände der Schule. Sie konnten sich unseren wunderschönen Schulgarten ansehen, in dem sich auch die liebevoll eingerichtete Naturgruppe des Kindergartens befindet. Die Erzieherinnen aus dem Kindergarten ermöglichten außerdem die Besichtigung des vollständig sanierten Kindergartengebäudes mit Kleinkind- und Ganztagesgruppe. Auch im Hort konnte man sich ein Bild machen von den vielfältigen Möglichkeiten der Ganztags-Kinderbetreuung.

Der Nachmittag wurde für spontane Gesprächsrunden zu den Themen Elternabend, der Kinderbesprechung oder zur Waldorflehrerausbildung genutzt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich an unserer Schule in diesem Schuljahr ein selbstorganisiertes Seminar zur Waldorflehrerausbildung gegründet hat, um frühzeitig neue Lehrer für die Waldorfschulen zu gewinnen.

Einen weiteren Höhepunkt der Tagung lieferte am Abend Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Er erläuterte aus wissenschaftlicher Sicht, warum er die Schulfächer „Sport, Musik, Theater und etwas mit den Händen machen“ für die wichtigsten hält. In diesen Fächern kann mit allen Sinnen vielfältig gelernt und das Gehirn trainiert werden. Damit werden z. B. wichtige Grundlagen für das Lernen von Sprachen oder das mathematische Verständnis gelegt. Begründet wird dies durch die Neuroplastizität des Gehirns. Durch Training bilden sich neue Nervenverbindungen im Gehirn und das Gehirn baut sich an die jeweiligen Anforderungen angepasst um. Die Ansätze der Waldorfpädagogik wurden so aus wissenschaftlicher Sicht bestätigt – auch in Bezug auf die medienpädagogischen Konzepte.

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Die Tagung entstand und lebte von der Beziehung der Schulgemeinschaft untereinander. Unsere Schule war genau der richtige Ort mit den richtigen Menschen, um ein solches Projekt trotz massiven Gegenwinds zu meistern. Ohne die tatkräftige Unterstützung des Organisationsteams durch Helfer aus der Elternschaft, die fleißigen Schüler in Küche und Cocktailbar und die Lehrer mit ihren Klassen wäre eine solche Veranstaltung nicht möglich gewesen. Durch diese starke Gemeinschaft war es möglich, jede Hürde zu überwinden und den Geist der Waldorfbewegung überall zu spüren. Wir hoffen, dass unsere Gäste aus ganz Deutschland die Freude und Begeisterung mitgenommen haben und weitertragen, was möglich ist, wenn alle zusammenhalten.

Am Ende der Tagung stand die Erkenntnis, dass die Zukunft der Waldorfschulen im Tagungsmotto liegt: „In Beziehung sein“. In diesem Sinne freuen wir uns auf die BERT 2022, die vom 29.04. – 01.05.2022 an der Rudolf-Steiner-Schule in Hamburg-Wandsbek stattfinden wird.